Schule der Zukunft? Interview mit Christina Kampmann

Wie digital wird unsere Schule? Sollen Schüler überhaupt schreiben lernen und welche negativen Folgen bringt die Digitalisierung an Schulen mit sich? Diese und viele weiteren Fragen wurden in der Diskussion am 15. Februar 2019 diskutiert.

Die Moderation übernahmen eine Schülerin des 13. Jahrgangs und ein Schüler des 9. Jahrgangs. Frau Inge Blask aus Hemer und Frau Christina Kampmann aus Bielefeld stellten sich den Fragen der Lehrer und Lehrerinnen, Medienscouts, Schülervertretern und Oberstufenschülern.

Eingeleitet wurde das Gespräch mit einer Präsentation von unserem IT-Experten Herrn Högemann. Der Verlauf der Digitalisierung an unserer Schule wurde deutlich und auch eine Vision des Jahres 2022 wurde vorgestellt. Jeder durfte seine Beiträge zum Thema mit einbringen und so manche Frage führte zu einer interessanten Gesprächsrunde. Die beiden Politikerinnen versuchten alle gestellten Fragen zu beantworten. Insgesamt stellte sich heraus, dass die Digitalisierung auch negative Folgen mit sich bringt und die Umsetzung nicht immer leicht fällt.

Die Schüler-Online-Redaktion hatte die Möglichkeit, nach ihrem Besuch an unserer Schule Fragen an Frau Kampmann zu stellen.

Was ist Ihre persönliche Meinung zur Digitalisierung?
Ich bin ein optimistischer Mensch und bin überzeugt, dass der technische Fortschritt durch die Digitalisierung den Menschen zu Gute kommen kann. Wir sehen bei der Medizin, in der Arbeitswelt, der Integration aber auch in der Bildung viele Vorteile. Mehr Mitbestimmung, Entlastung bei harter körperlicher Arbeit und soziale Teilhabe sind für mich wichtige Errungenschaften der Digitalisierung. Für mich ist die Digitalisierung eine Entwicklung, die von uns allen gestaltet werden kann und muss. Ziel dieser Entwicklung muss ein sozialer Fortschritt sein, von dem wir alle profitieren.

Welche negativen Folgen könnte die Digitalisierung von Schulen mit sich bringen?
Die Politik muss sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Bildungschancen haben, denn Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Ein großes Problem ist, dass nicht alle Schulen auf dem gleichen Stand sind bei der Digitalisierung und die aktuelle Landesregierung von CDU und FDP konzentriert sich auf Leuchtturmprojekte, anstatt alle Schulen insgesamt gut auszustatten. Außerdem gibt es leider vermehrt Fälle von Cybermobbing, was wir unbedingt eindämmen müssen.

Worin liegen die größten Vorteile?
Vorteile gibt es für mich immer dann, wenn eine neue Entwicklung auch den Menschen zu Gute kommt. In der Schule sehe ich besonders Vorteile, wenn dadurch die Kommunikation zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen verbessert wird, z.B. wenn man nochmal alle Übungen für eine Klausur per Mail zugeschickt bekommt oder man seinen Stundenplan auf dem Smartphone abrufen kann. Durch Digitalisierung kann der Unterricht noch interaktiver und spannender gestaltet werden. Darüber hinaus hat uns die Digitalisierung mit Plattformen wie Wikipedia das gesamte Wissen der Menschheit verfügbar gemacht und jede Person kann darauf zugreifen.

Glauben Sie, es unterstützt die Förderung der Schüler?
Digitale Medien fördern die Motivation und können den Unterricht anschaulicher machen. Als Schülerin hätte ich es sicher toll gefunden, wenn im Biounterricht Zellen aus 3D-Druckern entstanden wären oder man sich Dinge mit Virtual-Reality Brillen angeschaut hätte. So wäre der Unterricht sicherlich noch spannender gewesen. Studien zeigen, dass wir durch digitalen Unterricht gerade bei jungen Frauen eine stärkere Begeisterung für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) wecken können.

Wie weit sind die Schulen in unserem Kreis/Bundesland mit der Digitalisierung?
Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind unterschiedlich weit mit der Digitalisierung. Ihr habt sicherlich eine besonders fortgeschrittene Situation hier an Eurer Schule. Zum jetzigen Zeitpunkt sind aber leider erst 16 Prozent der Schulen in NRW an das Glasfasernetz angeschlossen. Das muss jetzt schnell angepackt und besser werden.

Wo liegen die Schwierigkeiten der Umsetzung von digitalen Schulen?
Jede Schule hat unterschiedliche Voraussetzungen. Außerdem darf die Digitalisierung der Schulen keine rein technische Entwicklung sein, sondern muss mit pädagogischen Konzepten unterstützt werden. Wir brauchen technischen Fortschritt und einen Kulturwandel, der Digitalisierung als Chance begreift.

Was hätten Sie in Ihrer Schulzeit von Tablets oder Ähnlichem gedacht?Ich hätte mich sicherlich sehr über die diversen Lernmöglichkeiten gefreut. Mein Lieblingsfach war immer Sport, da hätte man sich viele Dinge auch auf Tablets anschauen können, z.B. den richtigen Aufschlag beim Volleyball oder eine neue Taktik für Fußball. Der größte Vorteil von Tablets oder anderen digitalen Medien ist natürlich, dass man nicht mehr die Tafel putzen muss.

Wie weit, denken Sie, ist die Digitalisierung in fünf Jahren?

Die Digitalisierung überrascht uns in der Geschwindigkeit ihrer Entwicklung immer wieder. Ich würde mir wünschen, dass alle Schulen in fünf Jahren an das Glasfasernetz angeschlossen sind. Der Digitalpakt, der jetzt endlich von der Bundesregierung verabschiedet wurde, bringt über 1 Mrd. Euro für Schulen nach NRW. Davon wird sicher auch eure Schule profitieren. Als Ministerin habe ich 2016 noch daran mitgewirkt das Programm „Gute Schule 2020“ zu verabschieden, wodurch das Land NRW 2 Mrd. Euro in die Infrastruktur der Schulen investiert. Wir müssen aber auch die Lehrerinnen und Lehrer fortbilden, damit sie die neuen Medien und Unterrichtsinhalte auch einsetzen können. Außerdem würde ich mir wünschen, dass Medienkompetenz und Informatik in fünf Jahren wichtiger geworden sind.

Wie weit sollte die Digitalisierung gehen? Wo sehen Sie Grenzen?
Ich denke die Digitalisierung und auch die Künstliche Intelligenz sollte immer den Menschen dienen, z.B. indem sie die Menschen entlastet. Sehr gute Beispiele dafür finden wir in den Bereichen Pflege, Industrie und Bildung. Die Grenze der Digitalisierung beginnt dort, wo sie unserer Gesellschaft keinen Vorteil mehr bringt, sondern Menschen überwacht und dadurch in Gefahr bringt. Der technische Fortschritt muss für uns alle im Alltag spürbar sein und darf nicht zum Selbstzweck werden. Außerdem gibt es ethische Grenzen, wenn z.B. eine Maschine über Leben und Tod entscheidet.  

Wie sieht das Meinungsbild der Politiker aus?
Viele sind schon digitale Vorreiter und nutzen selbstverständlich digitale Kommunikation, um mit den Bürger*innen in Kontakt zu kommen. Konflikte in der Politik gibt es besonders darüber, wie viel Digitalisierung zugelassen wird, z.B. wenn es um autonom fahrende Autos geht. Auch beim Thema Datenschutz gibt es große Unterschiede. Ich bin der Überzeugung, dass wir die höchstmöglichen Datenschutzstandards brauchen. Es ist jetzt unsere Aufgabe als Politik die Digitalisierung so zu gestalten, dass sie zum Erfolgsmodell für die zukünftigen Generationen wird.

Woher kommt das Geld für die Ausstattung?
Das Geld für die technische Ausstattung wird von der Landesregierung und den Haushalten der Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu Verfügung gestellt. Durch den kürzlich verabschiedeten Digitalpakt wird nun auch die Bundesregierung die Ausstattung mitfinanzieren. Von den 5 Mrd. Euro kommt über 1 Mrd. Euro nach Nordrhein-Westfalen. Dafür hat sich die SPD sehr stark eingesetzt.

Finden Sie Handys an Schulen sollten erlaubt werden?
Unbedingt. Ich finde es wichtig, dass die Vorteile der Digitalisierung auch im Leben der Schülerinnen und Schüler einen Platz finden. Um den Umgang mit Technik später zu beherrschen, sollten sie früh an Technik herangeführt und nicht von ihr ausgeschlossen werden. Gleichzeitig müssen wir aber aufeinander aufpassen, denn Mobbing darf, genau wie auf dem Schulhof, keinen Platz im digitalen Raum haben.

Denken Sie durch Medien fällt es Schülern leichter zu lernen?
Ich denke, dass ist sehr davon abhängig um welches Thema es geht und in welchem Fach es ist. Vokabeln für eine neue Sprache kann man z.B. auch sehr gut mit einer App lernen. Gleichzeitig sollten Medien nur dann eingesetzt werden, wenn auch ein Konzept dahinter steckt und man erkennt, dass der Lernerfolg durch digitale Medien besser ist.

Das Fazit des Redaktionsteams:

Insgesamt gibt es zu der Digitalisierung ein großes und verschiedenes Meinungsbild. Es gibt viele Argumente für die Digitalisierung an Schulen und natürlich auch viele Gegenargumente. Danke an Frau Kampmann, dass sie sich Zeit für dieses Interview genommen hat.

[Ein Text von Emilia Gesing, Lina Erdmann und Moana Welzel – Schüler-Online-Redaktion]