Ein Interview mit dem Gemeindereferenten Herrn Stracke zum Thema Jugend und Kirche

SchülerOnlineRedaktion

Heute haben viele Jugendliche oft keinen Bezug zur Kirche. Im Religionsunterricht lernt man einiges über den Glauben, aber wie wird der im Alltag gelebt? Herr Stracke, der Gemeindereferent der Christkönig Kirche in Hemer, hat unsere Fragen zu diesem Thema beantwortet.

Finden Sie den Religionsunterricht an Schulen sinnvoll?
Ich halte den Religionsunterricht schon für wichtig, aber ob es ein konfessioneller Unterricht sein muss, da kann man drüber streiten! Ich finde, dass Werte und unser christliches Menschenbild schon auch in der Schule vermittelt werden sollten.
Ich meine, dass es zum Erziehungsauftrag einer Schule gehört, unsere Wurzeln und unser christliches Abendland inhaltlich zu füllen und an die Generationen weiter zu geben.

Wie sieht für Sie der perfekte Religionsunterricht aus?
Der Unterricht sollte lebendig, spannend, kreativ, motivierend sein. Ob dies in der Wirklichkeit so klappt ist eine andere Frage, weil Religion nicht jeden Lebensnerv der Jugendlichen trifft und daher vielleicht langweilig erscheint.

Warum denken Sie, dass einige Jugendliche kein Interesse an der Kirche haben?
Weil Kirche oftmals in den Gottesdiensten eine Sprache wählt, die mit der Alltagssprache der Menschen wenig zu tun hat.
Die Sprache wirkt abgehoben und weltfremd. Man sollte die Worte, die dort gesprochen werden, mit Inhalt füllen, aber diese Bereitschaft wird oft nicht mitgebracht! Die Kirche pflegt eine jahrelange Tradition, womit die jungen Menschen oft nichts anfangen können. Die Sakramentenspendung führt oft dazu, dass sich Kinder mehr mit diesem Thema beschäftigen.

Wie viele Jugendliche sind im Schnitt in einem Sonntagsgottesdienst?
Eher weniger…das heißt durch das mangelnde Verständnis gehen Jugendliche nicht so gerne in die Kirche. Ich habe dennoch den Wunsch, dass Jugendliche zum Beispiel durch die Firmung oder die Konfirmation neue Interessen an ihrem Glauben zeigen und sich damit kritisch auseinandersetzen.

Wie werden Kinder an die Religion gebracht?
Das einfachste ist: durch die Erziehung in der Familie. Das heißt, wenn Eltern meinen, dass ihr Kind Christ werden soll, dann lassen sie es taufen und sagen damit, dass sie ihr Kind religiös erziehen wollen.
In der Kirche finden regelmäßige Krabbelgottesdienste, Kleinkindergottesdienste und Familiengottesdienste statt.
In der katholischen Gemeinde gibt es auch drei Kindergärten in Hemer. Das heißt es gibt schon Bemühungen junge Familien an die Kirche zu binden! Aber es liegt auch an diesen Familien, was sie daraus machen.

Welche Altersgruppe ist am häufigsten in Gottesdiensten vertreten?

Es sind eher die älteren Generationen, die sich davon ansprechen lassen. Jedoch finden einige Familien durch die Kommunion oder Firmung neuen Anhang und besuchen die Gottesdienst häufiger. Die meisten Christen kommen aber auch nicht regelmäßig, also jeden Sonntag, sondern einfach wenn ihnen gerade danach ist.

Engagieren sich viele Jugendlichen in der Kirche?
Hier in der Peter und Paul Gemeinde gibt es eine Katholische junge Gemeinde. Dort treffen sich mehrere Jugendliche im Haus Hemer in ihrer Freizeit und Unternehmen etwas gemeinsam, wie Fahrten oder Ausflüge. Es gibt zum Beispiel die Pfarrjugend St.Bonifatius. Die meisten jungen Leute haben jedoch mit der Schule schon viel zu tun und haben für kontinuierliche Jugendarbeit kaum Zeit! Einige Teenager sind allerdings schon seit Kind an Messdiener und führen dies auch weiter durch. Wir haben auch jüngere Lektoren, die im Gottesdienst vorlesen oder Musiker, wie Zweisam und for Jesus.

Gibt es genug Nachwuchs für die kirchlichen Berufe wie Pastor?
Man muss sagen, dass es leider viel zu wenig Jugendliche mit diesem Berufswunsch gibt. Vereinzelt machen auch manche Teenager ihre freiwillige Arbeit in der Kirche zum Hauptberuf! Da gibt es aber viele verschiedene Möglichkeiten wie der Pastoralreferent, Gemeindereferent oder Priester…

Haben Sie sich schon als Jugendlicher für die Kirche interessiert?
Ich habe mich auch vom Messdiener über die Jugendarbeit zum Gemeindereferent entwickelt. Der Beruf Priester kam für mich gar nicht in Frage, da ich schon wusste: ich möchte nicht alleine leben. Jetzt bin ich auch immer noch glücklich mit dieser Entscheidung!

Was halten Sie von anderen Glaubensrichtungen?
Jeder sollte das glauben was er möchte! Ich selber glaube an keinen katholischen Gott und an keinen evangelischen Gott, ich sehe Gott viel mehr als eine Macht, die für uns Menschen da ist. Auch die Einteilung in evangelisch und katholisch sehe ich als überflüssig und wir sollten wieder eine Gemeinschaft werden, die kleinen Unterschiede wären theologisch sicherlich überwindbar. Meist wurde man durch die Taufe in einen Glauben hineingeboren und die anderen sollte man tolerieren.

Hat sich die Kirche in den letzten 30 Jahren stark verändert?
Ich glaube, dass die Kirche schrumpfen wird! Dennoch denke ich, dass die Menschen, die dann noch in der Kirche aktiv sind, das nicht aus Tradition tun, sondern bewusster. Aber man kann nicht in die Zukunft schauen! Die Kirche gibt es schon über 2000 Jahre und ist durch alle Krisenzeiten gegangen…

Wo sehen Sie die Kirche in 30 Jahren?
Ich denke, dass die Gemeinde der Kirche kleiner wird, doch, dass diese Menschen die weiter der Kirche angehören dies bewusster tun. Die Tradition wird vielleicht durch eine bewusste Entscheidung ersetzt. Jesus hat aber auch nicht immer gesagt wie viele hinter ihm stehen müssen. Die Kirche hat es schon durch so manche Krise geschafft und wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Sollte man als Christ jeden Sonntag in die Kirche gehen?
Ich als Gemeindereferent sage: natürlich! Wenn Jesus Christus mein Freund ist, sollte ich die Freundschaft pflegen. Man vernachlässigt ihn schon, wenn man nicht regelmäßig in die Kirche geht. Viele sagen: Beten kann ich auch zu Hause. Aber man muss ehrlich sein, und wie oft beten wir? Im Gottesdienst haben wir immer wieder die Möglichkeit, Teil zu sein der Gemeinschaft der Glaubenden. Jeder muss für sich sehen, was er aus einem Gottesdienst mitnimmt.

Werden die meisten Kinder getauft?
Hier werden schon viele Kinder getauft, doch einige Familien warten bis zu einem späteren Zeitpunkt, sodass sich die Kinder später selber entscheiden können. Zahlenmäßig hängt die Anzahl der getauften Babys natürlich auch von den Geburtenzahlen ab.

Herzliche Dank für Ihre Zeit und das Interview, Herr Stracke.

[Ein Text der Schüler-Online-Redaktion]